Trdelníky sind eine beliebte Touristenattraktion in Tschechien. Foto: Pixabay

„Trdelníky“ waren für unsere LandesBloggerin Lucia eine überteuerte Touristenattraktion. Doch ihr unwiderstehlicher Duft verleitet sie dazu, mehr über die Herkunft und den Geschmack des Gebäcks zu erfahren.

Dadurch, dass ich jetzt für einige Zeit in Prag leben durfte, kam ich auch des Öfteren am Altstätter Ring und somit an den unzähligen „Trdelník“-Ständen vorbei. Der köstliche Duft stieg mir dabei in die Nase und ich sah, wie die Mitarbeiter der Stände den in Streifen gerollten Hefeteig auf einen Buchenzylinder (oder Metallzylinder) wickelten und in der Hitze der Holzkohle backten. Beim Backen drehten sich die Zylinder und somit nahmen die „Trdelníky“ eine gleichmäßige goldrote Farbe an. Dann wurden sie vorsichtig aus dem Zylinder gezogen und meist mit Zimt und Zucker bestreut. Ich erinnerte mich daran zurück, wie ich vor einigen Jahren versucht hatte, die „Trdelníky“ selbst zu machen, was ich aus eigener Erfahrung nicht wirklich empfehlen kann. Ich hatte damals versucht, den Teig um in Alufolie gehüllte Einmachgläser zu rollen und im Backofen zu backen, aber der Teig wurde außen dunkel und innen blieb er roh und ließ sich auch nicht richtig von der Alufolie lösen.

Jedenfalls überzeugte mich ein Blick auf die Preise davon, keinen „Trdelník“ zu kaufen. Denn ich erinnerte mich noch daran, wie sich meine Oma in Mähren einst auf einem Dorffest über den „Trdelník“-Preis von 30 Kronen beschwert hatte. Das sei doch viel zu teuer, der Teig für einen „Trdelník“ koste nur acht Kronen! In Prag kostet das leckere Gebäck meistens 60 Kronen und an den Ständen bilden sich meistens lange Schlangen von Touristen. Also dachte ich mir: „Das ist doch eh nur eine Touristenattraktion“. Aus Tschechien stammen die „Trdelníky“ nämlich nicht.

Ein Gebäck mit verschiedenen Nationalitäten

Im 18. Jahrhundert stellte der ungarische Graf József Gvadányi einen Koch aus Siebenbürgen (heutiges Rumänien) ein. Dieser brachte das Rezept, welches dem ungarischen „Kürtőskalács“ ähnelt und eine Art Baumkuchens darstellt, nach Skalica (Slowakei) mit. Einige Quellen sagen jedoch, dass der „Trdelník“ mit Einwanderern nach Tschechien kam, die im 14. bis 17. Jahrhundert aus Rumänien in die tschechischen Länder zogen. Damals enthielt der Teig jedoch noch keine Hefe. Der Name „Trdelník“ leitet sich vom Wort „trdlo“ ab, was so viel wie Holzpflock bedeutet. In dem Buch „Česká strava lidová“ (dt. etwa „Die Ernährung des tschechischen Volks“) erwähnt Marie Úlehlová-Tilschová den „Trdelník“ in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie erzählt darin, dass „Trdelníky“ beliebt waren, weil man nach dem Braten von Fleisch am Spieß das brennende Feuer oder die Glut gleich weiterverwenden konnte.

Die erste bekannte Aufzeichnung, die auf eine Art von Gebäck hinweist, das mit einem rotierendem Spieß über Feuer gebacken wird, stammt aus dem Mittelalter (um 1450) und findet sich in einer Schrift aus Heidelberg. Die Beschreibung erwähnt einen Teigstreifen, der spiralförmig um einen Spieß gewickelt und vor dem Backen mit Eigelb bestrichen wird.

Im 16. Jahrhundert verlief die Entwicklung dieser Gebäckfamilie in verschiedenen Richtungen und somit in drei Zweigen. Zu dem ersten Zweig zählt Gebäck, das spiralförmig auf einen Spieß gewickelt wird, wie szekler-ungarische „Kürtőskalács“, der „Trdelník“ sowie ungarische „Kürtősfánk“. Zum zweiten Zweig gehören Gebäckstücke aus flüssigem Teig, wie zum Beispiel der deutsche Baumkuchen, die österreichischen „Prügeltorten“ und „Prügelkrapfen“ sowie schwedische „Spettekaka“, wobei man den flüssigen Teig auf einen ringförmigen Spieß, der über einem Feuer rotiert, laufen lässt. Der dritte Zweig besteht aus dem siebenbürgisch-sächsische Baumstriezel, bei dem ein durchgehender Teigstreifen auf einen Spieß gelegt wird.

Von links nach rechts: In Schweden gibt es den „Spettekaka“, in Tschechien und der Slowakei den „Trdelník“, in Österreich den „Prügelkrapfen/torte“, in Deutschland den Baumstriezel, in Ungarn den „Kürtőskalács“, in Deutschland den „Baumkuchen“, in Frankreich, Polen und Litauen „Raguolis“ und in Ungarn „Kürtősfánk“. Foto: Sándor Háaz, International Kürtősh Kalách Trade Corporation, Spettekaka Trdelník Prügelkrapfen Baumstriezel Kürtőskalács Raguolis Baumkuchen Kürtősfánk, CC BY-SA 3.0

Von links nach rechts: In Schweden gibt es den „Spettekaka“, in Tschechien und der Slowakei den „Trdelník“, in Österreich den „Prügelkrapfen/torte“, in Deutschland den Baumstriezel, in Ungarn den „Kürtőskalács“, in Deutschland den „Baumkuchen“, in Frankreich, Polen und Litauen „Raguolis“ und in Ungarn „Kürtősfánk“. Foto: Sándor Háaz, International Kürtősh Kalách Trade Corporation, Spettekaka Trdelník Prügelkrapfen Baumstriezel Kürtőskalács Raguolis Baumkuchen Kürtősfánk, CC BY-SA 3.0

Die „Trdelníky“ sind heute zu einem festen Bestandteil in der Prager Innenstadt, aber auch bei verschiedenen Festen, Jahrmärkten oder Festivals geworden. Manchmal wird der „Trdelník“ als „Staročeský trdelník“ (also „altböhmischer Trdelník“) verkauft, was allerdings ein bloßer Marketing-Trick ist.

Der „Altböhmische Trdelník“. Foto: MOs810, Staroceske Trdlo, CC BY-SA 4.0

Der „Altböhmische Trdelník“. Foto: MOs810, Staroceske Trdlo, CC BY-SA 4.0

Vom Zimt-Zucker-Klassiker bis zu ausgefallenen Eiskreationen

Obwohl ich wusste, dass der „Trdelník“ keine tschechische Spezialität ist und dass er verglichen zu damals überteuert ist, schwärmte ich heimlich trotzdem für ihn und entschied mich schließlich, ihn zu probieren, als meine Familie über Weihnachten nach Prag kam und mein Bruder ohne Gewissensbisse verkündete, dass einen essen wolle. Also kauften wir uns einen „Trdelník“. Er mit Nutella und ich mit weißer Schokolade. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, einen „Trdelník“ mit Softeis zu probieren, aber die 60 Kronen Preisaufschlag und die eisige Winterkälte erlaubten es mir nicht. Der „Trdelník“ war sehr lecker, aber leider floss die Schokolade aus dem Inneren und machte das kulinarische Erlebnis nicht so angenehm. Eine Straße weiter sah ich einen Stand mit „Trdelníky“, die mit verschiedenen Eiskreationen und auch beispielsweise mit schwarzem Eis gefüllt waren. Ob ich mich noch bis zum Ende meines Praktikums trauen werde, dort hinzugehen und die Kalorienbombe auszuprobieren?

eben dem klassischen „Trdelník“ gibt es auch Versionen mit Schlagsahne oder Softeis. Foto: Pixabay

Neben dem klassischen „Trdelník“ gibt es auch Versionen mit Schlagsahne oder Softeis. Foto: Pixabay

 


Ahoj und Hallo,

ich heiße Lucia Vovk und unterstütze die LandesEcho Redaktion als Praktikantin von Anfang August bis Ende Januar. Ich werde das Praxissemester meines Studiums der Werbung und LuciaMarktkommunikation hier verbringen und freue mich auf die Erfahrungen im Online- und Printbereich. Ich bin zweisprachig aufgewachsen, da meine Mutter aus Tschechien stammt. In der letzten Zeit habe ich gemerkt, wie mein Tschechisch langsam schwindet. Das mag daran liegen, dass ich durch mein Studium weniger Gelegenheit habe, mit meiner Familie zu kommunizieren und Zeit in Tschechien zu verbringen. Deswegen bin ich schon gespannt darauf, während meines Praktikums mehr über meine Wurzeln zu erfahren, meine Sprachkenntnisse zu verbessern und das Land, in dem ich geboren wurde, besser kennenzulernen. Denn: „Všude dobře, doma nejlíp“ („Überall ist es gut, aber daheim am besten“).

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.