Die barocke Kirche Maria Heimsuchung prägt das Bild des Ortes und der ganzen Region. / Foto: Peggy Lohse

Eingekesselt von den Gipfeln des Isergebirges, liegt das nordböhmische Haindorf (Hejnice) mit seinen 2724 Einwohnern beschaulich an der Mündung des Schwarzbach (Černý potok) in den Liebwerder Bach (Libverdský potok). Einer Legende nach soll hier im 13. Jahrhundert eine Wunderheilung stattgefunden haben. Seitdem ist aus der kleinen Kapelle ein Wallfahrtsort der Marienverehrung geworden, der weit über die Ländergrenzen bekannt ist.

Marias Heilkräfte

In Mildeneichen lebte einst ein armer Siebmacher. Er war ein frommer, gottesfürchtiger Mann. Zu seiner Armut kam bald noch hinzu, dass seine Frau und sein einziges Kind schwer erkrankten. Eines Tages schlief er nach getaner Arbeit unter einer alten Linde ein. Im Traum erschien ihm ein Engel, der ihm antrug, nach Zittau zu reisen, um dort ein Bild der Mutter Gottes zu erstehen und es in der hohlen Linde aufzuhängen.

Der Schnitzer in Zittau hatte Erbarmen mit dem armen Mann und gab ihm für das wenige gebotenen Geld eine alte Marienfigur, die niemand haben wollte. Überglücklich kehrte der Bauer heim und brachte das Bildnis sogleich zur Linde. Kurz darauf wurden seine Frau und das Kind gesund. Die Kunde über diese Wunderheilung verbreitete sich rasch. Die Menschen begannen bald, zu dieser wundersamen Stelle zu pilgern.

Dieses denkwürdige Ereignis soll sich im Jahr 1211 zugetragen haben, als Zittau noch aus mehreren Dörfern und einer kleinen Burg am Fluss Mandau bestand. Sicher ist, dass bereits 1472 an der Stelle der heutigen Basilika eine Kapelle stand, die der heiligen Maria geweiht war – das wäre genau an der Stelle der Linde aus der Legende. Um die Kapelle herum entstand dann aus einem langgezogenen Waldhufendorf der Ort Haindorf, der 1381 erstmals urkundlich im Urbar der Herrschaft Friedland (Frydlant) erwähnt wurde. Es geschahen weitere Wunderheilungen. 1352 wurde die Johanniskapelle errichtet, die 1472 zu einer gotischen Kirche ausgebaut wurde. So entwickelte sich Haindorf zu einem vielbesuchten Wallfahrtsort.

Dank der Pilger

Im Kreuzgang findet man Ruhe und Abgeschiedenheit. / Foto: Margit Řehoříková

Ein Franziskaner-Orden übernahm 1690 die Kirche und die Wallfahrtsseelsorge. Der Inhaber der Grundherrschaft Friedland, Franz Ferdinand von Gallas, stiftete 1691 dem Orden ein Kloster – mit der Familiengruft seiner Verwandten. 1693 entstand zwischen Friedland und Haindorf ein Pilgerweg mit insgesamt fünfzehn Kapellen.

Der Ansturm der Pilger machte Haindorf zu einem wohlhabenden Ort, erst recht, als in den 20ern des 18. Jahrhunderts die zweitürmige Basilika „Maria Heimsuchung“ nach Plänen des Prager Baumeisters Thomas Haffenecker im Barockstil errichtet worden war.

In der Ära des Josephinismus von 1780 bis 1790 waren Prozessionen verboten, kostbare Weihegeschenke wurden entfernt. Erst nach 1810 lebten die Prozessionen wieder auf, vor dem Ersten Weltkrieg zählte man mehr als 100.000 Besucher.

Ende des 19. Jahrhunderts siedelten sich in Haindorf und dessen Ortsteil Ferdinandstal (Ferdinandov) durch die Familie Gallas geförderte Textilbetriebe an. Gleichzeitig mauserte sich der Ort schon bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Urlaubsort und Touristenziel. Am 31. Juli 1917 wurde Haindorf durch Kaiser Karl I. zur Stadt erhoben.

Beten und besinnen

Vom wirtschaftlichen Niedergang und der Vertreibung der Deutschen – bis 1945 war Haindorf überwiegend von Deutschböhmen besiedelt – nach dem Zweiten Weltkrieg war auch Haindorf betroffen. Erst mit dem Prager Frühling 1968 lebte der Ort dank der Besuche von Bittstellern der Wallfahrtsort wieder auf.

Das an die Kirche grenzende einstige Franziskanerkloster ist heute ein Internationales geistliches Bildungszentrum. Es wird seit 1993 vom Bistum (Leitmeritz) Litoměřice gefördert und bietet Seminaristen, Geistlichen, aber auch Touristen aus dem In- und Ausland, die hier vor allem geistliche Besinnung suchen, Unterkunft und Raum für die spirituelle Arbeit. Hier finden Seminare, Schulungen, Symposien statt. Der weitläufige Kreuzgang lädt zur Besinnung ein. Nach einem Kirchgang kann man im Restaurant des Klosters einkehren.

Wallfahrten zur Kirchweih finden jährlich am 1. und 2. Juli statt, die Wallfahrt zur Versöhnung am 8. Mai. In der Basilika „Maria Heimsuchung“ finden nicht nur Gottesdienste, sondern auch Konzerte statt. Heute zieht der Wallfahrtsort jährlich 160.000 Pilger und Besucher an. Außerdem bieten sich an: Ausflüge in die nähere Umgebung, zum Beispiel nach Bad Liebwerda (Libverda) oder Friedland, mit Bus oder Kleinbahn, oder auch Wanderungen auf den nahen Höhenwegen des Isergebirges.


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