Das Goldmosaik in der Krypta mit der noch erhaltenen Urne von Carl Dittrich, Foto: Steffen Neumann

In Schönlinde schlummert ein Mosaik von europäischem Rang. Doch ob es je gelingt, es zu restaurieren, ist mehr als fraglich.

An ihren ersten Besuch im Mausoleum der Unternehmerfamilie Dittrich in Schönlinde (Krásná Lípa) kann sich Magdalena Kracik Štorkánová noch sehr gut erinnern. „Ich war schockiert“, sagt die Restauratorin. Damit meint die Frau nicht den katastrophalen Zustand, in dem sich das 130 Jahre alte Mausoleum befindet. In das Gebäude regnet es seit Jahren hinein. Aus dem Dach wachsen Bäume. Alle Fenster sind geborsten, im Innern sind ganze Ziegel herausgebrochen. In der Krypta liegen aufgebrochene Särge, die Knochen sind in der Gruft verteilt.

Schönlinde DittrichMausoleum Bildrechte Steffen Neumann

Doch Kracik Štorkánová brachte etwas anderes aus der Fassung. Sie war wegen des Mosaiks in der Krypta des Mausoleums hier. „So eine große Fläche, noch dazu aus Gold, hatte ich nicht erwartet“, gesteht sie. Was sie in der Dittrich-Gruft im kleinen Schönlinde zu sehen bekam, übertraf alles, was es in Tschechien Vergleichbares gibt. „Eines der kostbarsten Mosaiken befindet sich im Prager Slavín auf dem Vyšehrad, wo die größten tschechischen Persönlichkeiten ihre letzte Ruhestätte haben.“ Doch das ist im Vergleich zu Schönlinde eine Miniatur.

200 Quadratmeter Goldmosaik

„Im Dittrich-Mausoleum handelt es sich um 200 Quadratmeter Fläche Mosaik, das zu 80 Prozent aus goldenen Tessera besteht“, sagt sie. Tessera sind in der Fachsprache die kleinen Plättchen, aus denen die Mosaiken zusammengesetzt sind. „San Marco in Venedig zum Beispiel ist auf 4 000 Quadratmetern mit Goldmosaik besetzt. Das ist natürlich eine andere Liga. Aber in diese Richtung müssen wir hier denken.“

Das Mosaik ist noch aus einem anderen Grund besonders. „Das Mosaik besteht geschätzt aus 50 bis 100 Goldtönen. Diese Vielfalt ist einzigartig“, schwärmt die Restauratorin. Und das Mosaik ist nicht das einzige, was das Bauwerk besonders macht. Architekt war der Berliner Julius Carl Raschdorff. Sein berühmtestes Werk ist der Berliner Dom. Carl Dittrich ließ die prächtige Grablege als letzte Ruhestätte für seinen Vater Carl August errichten. Der gebürtige Leipziger baute seit den 1850er Jahren mit seinem Partner Carl Theodor Hielle ein Textilimperium auf. Geld spielte also bei dem Mausoleum keine Rolle.

Keine Erinnerung an die Gönner

Es fehlte allerdings nicht viel und die ganze Pracht wäre unter einem Trümmerberg verschüttet worden. Eine Mischung aus Ignoranz und mutwilliger Zerstörung begleitet das Bauwerk seit über 70 Jahren. Obwohl die Dittrichs Schönlinde zu einem florierenden Ort machten und eine ganze Reihe von Gebäuden, den Stadtpark und den Friedhof stifteten, gibt es heute nichts, was in der Stadt an die einstigen Gönner erinnert. Ihr Wirken wurde durch die Vertreibung der deutschen Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg vollkommen ausgelöscht. „Wir erfahren selbst erst langsam, was die Dittrichs für uns bedeuten“, sagt fast etwas entschuldigend Bürgermeister Jan Kolář.

Schönlinde Goldmosaik DittrichMausoleum Větrovská Bildrechte Steffen Neumann

Seit 20 Jahren gab es Versuche, das Bauwerk zu retten. Es gelang, das Mausoleum unter Denkmalschutz zu stellen. Doch eine Sanierung des Gebäudes wurde durch die ungeklärten Eigentumsverhältnisse blockiert. Seit anderthalb Jahren gehört das Mausoleum nun dem Verein Omnium, der es schrittweise sanieren will. „Der Zustand ist schlimmer als erwartet. Wir kamen fünf nach zwölf“, sagt Barbora Větrovská von Omnium. Im Februar stürzte ein Teil des Gewölbes ein. Seitdem klafft ein Loch im Dach. „Noch einen Winter hätte die Grablege nicht überstanden“, ist Větrovská überzeugt. Immerhin wird das Gebäude nun von einem Gerüst abgestützt.

Ob eine Rettung gelingt, hängt wie häufig am Geld. Allein die Herstellung der Mosaikplättchen wird teuer. Zwar konnten viele Teile mühselig aus dem Berg von Schutt und Knochen geborgen werden. Doch ein Teil wird neu gekauft werden müssen, und das nicht in Tschechien. „Das können nur venezianische Firmen“, weiß Restauratorin Kracik Štorkánová. Sie ist sich sicher: Wenn eine Restaurierung gelänge, könnte die Stadt zu einem Pilgerort werden.

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