Foto: Eingangstor St. Johannes Nepomuk am Felsen - Bild: Commons/JiriMatejicek, CC BY-SA 3.0

Er führte die katholische Kirche in Tschechien weitherzig, mutig, manchmal auch hartnäckig, aber immer voller Inspiration, mit dem Blick weit über sein eigenes Land hinaus und immer auch kritisch gegenüber neuer Kleingeisterei und Engstirnigkeit.

Der hochgeschätzte Prager Alterzbischof Kardinal Miloslav Vlk ist am Samstag, 18. März, seiner Krebserkrankung erlegen und hat sein Leben in die Hände allmächtigen Gottes zurückgegeben. Viele Menschen in Prag und in der ganzen Republik Tschechien trauern  – nicht nur innerhalb der katholischen Kirche, sondern auch außerhalb, darunter zahlreiche Persönlichkeiten des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens.

Kardinal Vlk, der im Kommunismus einige Jahre – obwohl Priester – als Fensterputzer arbeiten musste, führte die katholische Kirche Tschechiens auf ihrer ersten wichtigen Etappe nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, und er führte sie gut, nämlich weitherzig, mutig, manchmal auch hartnäckig, aber immer voller Inspiration, mit dem Blick weit über sein eigenes Land hinaus und immer auch kritisch gegenüber neuer Kleingeisterei und Engstirnigkeit.

In seinem letzten Interview, welches die tschechische Wochenzeitung „Katolický týdeník“ in ihrer aktuellen Ausgabe veröffentlichte, sagte er über seine Erfahrungen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, dass die Realität damals alle Erwartungen übertraf. Der Kardinal wörtlich und mit dankbarem Unterton: „Eine so große Freiheit für die Kirche haben wir uns nicht vorgestellt und auch nicht erwartet.“

Der Kardinal war auch ein Kämpfer für die Rechte der katholischen Kirche in der postkommunistischen Zeit. Er setze sich aber auch bis zuletzt für Menschenwürde und Offenherzigkeit ein, besonders im Hinblick auf die Phänomene Migration und Flucht, mit denen die europäische Gesellschaft seit einigen Jahren in neuer Weise konfrontiert ist. Dabei erhob er bis vor wenigen Wochen immer wieder auch öffentlich wahrnehmbar seine Stimme.

Mehrere Jahre hindurch war Kardinal Vlk Vorsitzender des Rates der europäischen Bischofskonferenzen. Die Päpste schätzten ihn, angefangen von Papst Johannes Paul II. über Benedikt XVI. – beide durfte er in Prag empfangen – bis zu Franziskus. Letzerer hat ihm noch wenige Wochen vor seinem Tod in einem persönlichen Telefongespräch Trost in der schweren Krankheit zugesprochen.

Unsere Deutschsprachige Katholische Pfarrei ist Kardinal Vlk zu großem Dank verpflichtet. Als Erzbischof von Prag unterstütze er unsere Gemeinde seit der Gründung Anfang der 1990er Jahre. Ende der 1990er Jahre überließ er der Gemeinde dann auch die schöne barocke Kirche St. Johannes Nepomuk am Felsen in der Prager Neustadt. Der Kardinal war auch mehrere Male in unserer Kirche zu Gast, zuletzt im Jahre 2013.

Außerdem war er im Mai 2014 Referent bei dem von unserer Gemeinde und der Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde angebotenen Glaubensseminar. Damals sprach er, wie so oft, über „Gott, der uns nahe ist“. Man spürte, wenn er immer wieder über den nahen Gott sprach, dass dies tief aus seinem Herzen kam. Jetzt darf Kardinal Vlk diesen nahen Gott in neuer Weise erfahren, er darf ihn berühren. Kardinal Vlk war ein großes Geschenk Gottes an die katholische Kirche in Tschechien und in Europa.

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