Die Bürgermeisterpartei Starostové a Nezávislí (STAN) feiert ihren Sieg. Mitte: Parteichef Vít Rakušan. Foto: ČTK/Deml Ondřej

Die Opposition dominiert den Senat. Neue stärkste Kraft ist die Bürgermeisterpartei STAN. Auch die ODS legt zu. Die Regierung hat im Oberhaus des tschechischen Parlaments dagegen nur noch neun Sitze.

Die Bürgermeisterpartei STAN hat die Senatswahlen in Tschechien klar gewonnen. Sie konnte vier Mandate verteidigen und gewann außerdem sieben Sitze neu hinzu. Da außerdem die mit ihr verbündete TOP09 zwei neue Mandate gewann, stellt STAN mit 28 von 81 Sitzen neu die größte Fraktion im Oberhaus.

Dahinter folgen die Bürgerdemokraten (ODS) mit 21 Sitzen. Auch sie konnten sich leicht verbessern, hatten bisher 19 Senatoren. Drittstärkste Kraft bleiben die Christdemokraten (KDU-ČSL) mit 12 Senatoren.

Größter Verlierer sind die Sozialdemokraten (ČSSD), die von zehn Senatoren keinen einzigen verteidigen konnten. Da auch die Partei ANO von Premierminister Andrej Babiš einen Sitz verlor, kommen die Regierungsparteien zusammen nur noch auf neun Senatoren. Davon hat die ČSSD, die einst stärkste Kraft im Senat war, nur noch drei Sitze, was nicht einmal zur Bildung einer eigenen Fraktion reicht.

Wer wird Senatspräsident?

Durch den Sieg von STAN stellt sich nun die Frage, wer den Senat die kommenden zwei Jahre führen wird. Seit 2018 lag das in der Hand der ODS, die mit Jaroslav Kubera den Senatspräsidenten stellte. Nach dessen Tod ging das Amt auf Miloš Vystrčil über, der sich in den letzten Monaten als starkes Gegengewicht gegenüber der Regierung und dem Staatspräsidenten Miloš Zeman profilierte. Mit seiner Reise nach Taiwan errang er sogar internationale Aufmerksamkeit. Nominell hat aber nun STAN das Anrecht auf den Senatsvorsitz. Sowohl STAN als auch ODS avisieren jedoch bei den Unterhauswahlen im kommenden Jahr gemeinsam die Ablösung der bisherigen Regierung unter Andrej Babiš an. In ersten Stellungnahmen kündigten die Vorsitzenden von STAN, Vít Rakušan, und ODS, Petr Fiala, Verhandlungen über den Senatsvorsitz an.

Alle zwei Jahre wird ein Drittel des Senats neu gewählt. Die Amtszeit eines Senatoren dauert sechs Jahre. Der Senat kann eigene Gesetze einbringen und Gesetze an das Abgeordnetenhaus zurückgeben, die dann nur mit absoluter Mehrheit überstimmt werden können. Außerdem hat der Senat Einfluss u.a. auf die Ernennung von Verfassungsrichtern und Zentralbankmitgliedern.

Die Wahlbeteiligung lag bei 16,7 Prozent. Im ersten Wahlgang, als parallel die Bezirksparlamente gewählt wurden, betrug sie noch 36,74 Prozent. Die Wahlbeteiligung ist in der zweiten Runde der Senatswahlen traditionell deutlich niedriger.

Schlechte Aussichten für Parlamentswahl 2021

Das Ergebnis der Senatswahlen ist für Premierminister Andrej Babiš nach den Regionalwahlen vor einer Woche das zweite schlechte Ergebnis binnen kurzer Zeit. Zwar konnte seine Partei ANO die Regionalwahlen gewinnen, wird aber nach dem bisherigen Verlauf der Koalitionsverhandlungen in den einzelnen Regionen voraussichtlich nur in 3 von 13 Bezirken den Bezirkshauptmann stellen. Zwar bleibt ANO stabil zwischen 25 und 30 Prozent Wählergunst. Außerdem wird bei den Parlamentswahlen ein stärkeres Abschneiden erwartet. Aber ANO kommen die Koalitionspartner abhanden. Die ČSSD muss sogar um den Wiedereinzug in das Unterhaus bangen. Das gleiche Schicksal droht den Kommunisten (KSČM), welche die Babiš-Regierung tolerieren. Sie zogen aus den schlechten Wahlergebnissen bereits eine erste Konsequenz. Der langjährige Parteichef Vojtěch Filip stellt sein Amt zur Verfügung. Im November soll der Parteivorsitz neu gewählt werden.

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