Unsere LandesBloggerin unternahm kürzlich einen Wanderausflug in das deutsch-tschechische Grenzgebiet im Bayerischen Wald.

Langsam kehrt wieder so etwas wie Normalität ein. Die allgemeine Ausgangsbeschränkung in Bayern, wo ich mich immer noch befinde, ist schon seit einigen Wochen aufgehoben und seit dem 11. Mai ist im Freistaat wieder „kontaktfreier Individualsport mit Abstand“ offiziell zugelassen. Diese neuen Regelungen haben den Deutschen Alpenverein (DAV) dazu bewogen, von seiner bisherigen Position, auf Bergtouren zu verzichten, abzurücken. Nun rät der DAV nicht mehr generell von Touren ab, appelliert aber, den Bergsport nur in den erlaubten Kleingruppen auszuüben. Die neuesten Entwicklungen nahmen meine Familie und ich zum Anlass, zu einer eintägigen Wandertour aufzubrechen.

Wandertour zum Großen Osser

Normalerweise würden wir zum Wandern über die Grenze nach Österreich fahren, da dies aber noch nicht möglich ist, entschieden wir uns für den Bayerischen Wald, genauer gesagt den Großen Osser (Velký Ostrý). Dessen Gipfel liegt auf 1293 Metern Höhe auf der Grenze zwischen Böhmen und Bayern. Er ist also auf der einen Seite vom Böhmerwald und auf der anderen Seite vom Bayerischen Wald umgeben. Zusammen mit dem Kleinen Osser (Malý Ostrý), der auf 1266 Metern Höhe liegt, bildet der Grenzberg die höchste Erhebung des Künischen Gebirges, das den Bergkamm zwischen Osser und Zwercheck im Bayerischen Wald bezeichnet. Vom Lohberg im Lamer Winkel führen mehrere Routen zum Gipfel. Wir entschieden uns für den schnellsten, aber auch steilsten Weg, der mitten durch den Wald führte. Vorbei an dichtem Geäst und umgefallenen Baumstämmen, sprangen uns vor allem die auf dem Weg liegenden Steine ins Auge. Sie glitzerten im Sonnenlicht. Das liegt daran, dass das Osser-Massiv im Gegensatz zu allen anderen großen Bergen des Bayerischen und Oberpfälzer Waldes nicht aus Graniten oder Gneis, sondern aus Glimmerschiefern besteht. Und Glimmerschiefern glitzern ganz wunderbar.

Am Gipfel angekommen

Nach knappen zwei Stunden bemerkten wir zwischen zwei großen Tannen ein unscheinbares, schief stehendes Schild mit der Aufschrift „Staatsgrenze“. Wenige Schritte weiter entdeckten wir ein großes rundes Schild, das die Česká republika auswies. Wir waren also oben angekommen und genossen zunächst die Aussicht beim Gipfelkreuz des Großen Osser. Uns eröffnete sich ein weiter Panoramablick auf die bayerische Seite zum König des Bayerischen Waldes, dem Großen Arber, und den Bergkamm mit den acht Tausendern.

Gerade auf dem Gipfel fiel uns aber noch etwas anders auf: Die große Masse an Bergwanderern. Überraschend war das einerseits nicht, da das Gebiet zu den beliebtesten Wanderregionen im Bayerischen Wald gehört, um das sich zahlreiche Sagen und Mythen ranken. Zum Beispiel die Sage vom versunkenen dritten Ossergipfel. Der Legende nach stand auf allen drei Gipfeln eine Burg, wobei einer der Burgherren wegen einer verschmähten Liebschaft den Herrgott verfluchte. Dieser erzürnte und rief ein schweres Gewitter herbei, das den dritten Ossergipfel mitsamt Burg und frevelndem Herrn verschwinden ließ. Eine andere Sage handelt vom Osserriesen, der einst in der Gegend lebte und von einem Kind durch das Schnupfen einer Springwurz zur Ruhe gebracht wurde. Andererseits hätten wir im Anbetracht der noch nicht überwundenen Corona-Krise nicht mit so vielen Menschen gerechnet, die in großen Gruppen unterwegs waren. Niemand trug Mundschutz und auf dem felsigen Gipfel war es nur bedingt möglich, den Mindestabstand einzuhalten. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, dann hätte ich nicht vermutet, dass wir in Zeiten einer globalen Pandemie leben.

Zurück in der Realität

Schild an der Grenze zwischen Deutschland und Tschechien - Foto: Stephanie BergwinklWir gingen weiter zum nahegelegenen Osserschutzhaus, das auf einem 1285 Meter hohen Plateau seht, über das die deutsch-tschechische Grenze verläuft. Links steht ein Schild mit der Aufschrift „Bundesrepublik Deutschland“ und rechts ein Schild mit der Aufschrift „Landesgrenze“. Hier holte uns die Realität wieder ein, da das Restaurant vorrübergehend aufgrund der Sicherheitsmaßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Corona-Virus geschlossen wurde. Normalerweise bietet die Berghütte in einem gemütlichem Biergarten Essen an und hat sogar Platz für Übernachtungen in einem Matratzenlager. Zum Glück hatten wir aber vorgesorgt und packten unseren Proviant aus unseren Rucksäcken aus. Nur ein kühles Radler vermissten wir schmerzlich.

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