Bei einem Workshop lernten Schüler nicht nur Deutsch, sondern auch, wie man sich in einem Wiener Kaffeehaus richtig verhält.

In den letzten Wochen hatte ich die Ehre, im Rahmen des Projekts „Muttersprachler in die Schule“ Workshops an einer tschechischen Schule abzuhalten. Bei der Schule handelt es sich um die TRIVIS Oberschule in Proßnitz in Mähren (Prostějov). Dort werden die Schülerinnen und Schüler gezielt auf Berufe im öffentlichen Dienst vorbereitet, zum Beispiel bei der Polizei oder dem Militär.

Die Schüler sollten sehen, was sie schon können

Vor dem ersten Workshop war ich sehr aufgeregt. An einer tschechischen Schule hatte ich noch nie unterrichtet, in Proßnitz war ich auch noch nie und mein Talent, mich zu verlaufen ist wirklich stark ausgeprägt. Es war also durchaus ein Abenteuer, zu dem ich früh morgens aufgebrochen bin. Aus Panik, zu spät zu kommen, habe ich lieber den Zug zwei Stunden zu früh genommen, der dann tatsächlich keine Verspätung hatte. So hatte ich viel Zeit, um Proßnitz ausgiebig zu erkunden, bevor ich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder in die Schule musste. Es handelt sich um ein kleines, aber schickes Städtchen mit einem netten historischen Stadtkern. Für meinen Geschmack ist die Kaffeehausdichte eine Spur zu gering, nach einigen Runden Spaziergang wurde ich dann doch noch fündig und konnte bei Kaffee und Kuchen den Unterrichtsplan noch einmal durchgehen.

Gut vorbereitet und pünktlich bin ich in der Schule angekommen und wurde von den Schülerinnen und Schülern erst einmal schüchtern beäugt. Das hat sich allerdings sehr rasch gelegt. Nach einem kurzen Kennenlernen ging es los. Ziel des Workshops war es nicht, den Schülern weitere Vokabeln oder neue Grammatik beizubringen, viel mehr war es mir ein Anliegen, zu zeigen, was sie schon alles können. Ganz nebenbei konnte ich mich selbst von meinen Fortschritten beim Tschechischlernen überzeugen.

Ohne Ausweis keine heiße Schokolade mit Rum

Das Grundthema des Workshops war „im Kaffeehaus“. Aufmerksame Leser haben wahrscheinlich schon bemerkt, dass es sich dabei um eine meiner persönlichen Herzensangelegenheiten handelt. Wie sich das im Kaffeehaus so gehört, wurde in Zeitungen geschmökert, wurden diverse Heißgetränke bestellt und nach der Rechnung verlangt. Um das ganze interaktiv zu gestalten, sollten die Schülerinnen und Schüler bekannte Wörter aus Zeitungen ausschneiden und daraus selbst neue Artikel basteln. Nach einigem gemeinsamen Üben durften die Schülerinnen und Schüler kleine Rollenspiele vortragen, im Zuge derer sie in einem fiktiven Kaffeehaus bestellen mussten. Auch dem Stereotyp des grantigen Wiener Kellners wurde mitunter Rechnung getragen – ohne Ausweiskontrolle gibt es keine heiße Schokolade mit Rum. Dann lieber doch einen kleinen Braunen (Espresso mit Milch) und Gugelhupf. Am Ende war noch Zeit für persönliche Fragen, die zeigten, wie aufgeschlossen und interessiert die Schüler waren: Warum man von Österreich nach Tschechien zieht? Ob ich finde, dass Tschechisch eine schwierige Sprache ist? Und warum ich überhaupt Lehrerin geworden bin? Es war eine sehr schöne Begegnung zweier Welten, die aufzeigt, warum das Projekt „Muttersprachler in die Schule“ ein so lohnenswertes Unterfangen ist.Die Schülerinnen und Schüler sollten bekannte Wörter aus Zeitungen ausschneiden und daraus neue Artikel basteln - Foto: Klára Smékalová

Insgesamt sind die Schülerinnen und Schüler nun gut auf den nächsten Ausflug nach Österreich und Deutschland vorbereitet. Bald fahre ich noch ein letztes Mal nach Proßnitz, um mit einer weiteren Klasse diesen Workshop durchzuführen. Darauf freue ich mich schon sehr und bedanke mich sehr herzlich bei Frau Klára Smékalová, die mich an die TRIVIS Schule eingeladen hat, und bei dem gesamten Schulteam, das mich sehr freundlich empfangen hat. 

Wer bin „ich“? Mein Name ist Ulrike Strigl, ursprünglich komme ich aus Wien und seit bald zwei Jahren unterrichte ich Deutsch an der Palacký-Universität in Olmütz (Univerzita Palackého v Olomouci). In meiner Freizeit plage ich mich mit dem Erlernen der tschechischen Sprache, organisiere Kulturevents und kümmere mich um meine 99 Zimmerpflanzen. Man könnte sagen, ich habe meinen Beruf zum Hobby gemacht – das Lernen der tschechischen Sprache scheint mir wesentlich aufwändiger und anstrengender zu sein, als Deutsch zu unterrichten.         

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