Jiří Menzel war einer der erfolgreichsten tschechischen Kinematografen. Nun ist er im Alter von 82 Jahren verstorben. Foto: ČTK/AP/PETER KOLLANYI

Jiří Menzel war einer der erfolgreichsten tschechischen Kinematografen. Für seine Filmkomödie „Liebe nach Fahrplan“ (Ostře sledované vlaky) erhielt er 1968 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Nun ist er im Alter von 82 Jahren gestorben.

Der tschechische Regisseur und Schauspieler Jiří Menzel ist am vergangenen Samstag nach langer Krankheit im Alter von 82 Jahren verstorben. Das teilte seine Frau am Sonntag auf Facebook mit. Mit ihm verlor die tschechische Kinematografie eine ihrer bedeutendsten und erfolgreichsten Persönlichkeiten.

Menzel wurde 1938 als Sohn des Publizisten und Kinderbuchautors Josef Menzel geboren. Von 1958 bis 1962 studierte er an der Prager Filmhochschule FAMU und wurde in den 1960er Jahren zu einem der bedeutendsten Vertreter der tschechoslowakischen Nouvelle Vague, einer produktiven Phase des tschechischen Films, die im Vorfeld des Prager Frühlings weltweit für Aufmerksamkeit sorgte. Zu den erfolgreichsten Werken Menzels gehörten „Perlen auf dem Meeresgrund“ (Perličky na dně) (1965), „Ein launischer Sommer“ (Rozmarné léto) (1968) oder Lerchen am Faden (Skřivánci na niti) (1969). Für die Komödie „Liebe nach Fahrplan“ (Ostře sledované vlaky) (1966), die von einem Heranwachsenden handelt, der während der Zeit der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg auf einem Bahnhof arbeitet, erhielt er 1968 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Sein Film „Heimat, süße Heimat“ (Vesničko má, středisková) war 1985 ebenfalls für einen Oscar nominiert. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings wurde Menzel ein Berufsverbot auferlegt und er wandte sich zunächst dem Theater zu.

Hrabal als Vorlage

Als literarische Vorlagen für seine Filme dienten ihm oft Werke des tschechischen Schriftstellers Bohumil Hrabal. Bereits in den 1990er Jahren bemühte sich Menzel um die Verfilmung von Hrabals Roman „Ich habe den englischen König bedient“ (Obsluhoval jsem anglického krále), der Film konnte jedoch erst 2005 nach dem Scheitern mehrerer Konkurrenzprojekte realisiert werden. Im Jahr 2006 gewann der Spielfilm schließlich den Böhmischen Löwen, die höchste nationale Auszeichnung Tschechiens.

Neben dem eigenen filmischen Schaffen trat Jiří Menzel auch selbst in Filmen auf, so z. B. in der DEFA-Märchenverfilmung „Sechse kommen durch die Welt“ (1972), „Der Autovampir“ (Upír z Feratu) (1983) oder „Die Volksschule“ (Obecná škola) (1991). Zuletzt war er 2018 in der slowakisch-tschechisch-österreichischen Koproduktion „Dolmetscher“ des Regisseurs Martin Šulík zu sehen.

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