Die Vertreter von insgesamt 17 nationalen Minderheiten und Gemeinden haben einen Appell an den belarussischen Botschafter in Prag verfasst. Darin fordern Sie ein Ende der Gewalt in Belarus und die Durchführung freier und demokratischer Wahlen. Mitunterzeichnet hat auch die deutsche Minderheit.

Am vergangenen Sonntag versammelten sich etwa 1.000 Menschen zentral auf dem Prager Altstädter Ring, um ihre Solidarität mit den Protestierenden in Belarus auszudrücken. Mit dabei waren auch mehrere Vertreter nationaler Minderheiten in der Tschechischen Republik. Gemeinsam verfassten sie einen Appell an Valeryj Kurďukov, den belarussischen Botschafter in Prag, in dem sie ein Ende der Gewalt gegen friedliche Demonstranten sowie freie und demokratische Wahlen in Belarus fordern.

Der seit 1994 amtierende belarussische Präsident Aljaksandr Lukashenka war nach offiziellen Angaben als Sieger aus der Präsidentschaftswahl am 9. August hervorgegangen. Das Ergebnis wird aber von der Opposition sowie inzwischen auch von der Europäischen Union nicht anerkannt – es waren viele Hinweise publik geworden, die auf massive Manipulation der Wahlergebnisse schließen lassen.

Ein Transparent auf der Solidartätsveranstaltung auf dem Prager Altstädter Ring am vergangenen Sonntag: "Belarus ohne Lukashenka!" - Foto: Manuel Rommel

Ein Transparent auf der Solidartätsveranstaltung auf dem Prager Altstädter Ring am vergangenen Sonntag: „Belarus ohne Lukashenka!“ – Foto: Manuel Rommel

Vorbild Slowakei?

„Jede nationale Minderheit hat ihre eigene Erfahrung aus der Vergangenheit, als sie um ihre Unabhängigkeit kämpfen musste. Jedes Volk ging einen schmerzhaften Weg. Jetzt versuchen die nationalen Minderheiten, zusammenzukommen und sich gegen das Geschehen in Belarus auszusprechen“, erklärt Janusz Konieczny, Mitglied der polnischen nationalen Minderheit in Tschechien und Organisator des Aufrufs, gegenüber iROZHLAS.cz. Laut Konieczny sei der Appell spontan entstanden, als er auf Vertreter anderer nationaler Minderheiten, vor allem der bulgarischen und russischen, während der Demonstration am vergangenen Sonntag traf. Beeindruckt habe sie besonders das Auftreten des belarussischen Botschafters in der Slowakei, der in einem Video seine Unterstützung für die Protestierenden in Belarus ausdrückte und von seinem Amt zurücktrat.

Die Unterzeichner erhoffen sich ähnliche Reaktionen vom belarussischen Botschafter in Tschechien. Dass die belarussische Botschaft in Prag die Stimmen offenbar ehrlich auszählte, werten sie als positives Zeichen. Im Wahllokal der belarussischen Botschaft stimmte eine überwältigende Mehrheit für die oppositionelle Kandidatin Swetlana Tichanowskaja.

Der Appell enthält insgesamt sechs Punkte. Darunter die Freilassung aller politisch Inhaftierten sowie der im Zuge der Proteste inhaftierten Demonstranten, ein Ende der gewaltsamen Unterdrückung der Proteste, die Unterbindung der Zensur in staatlichen Medien sowie ein Aufruf zu freien und demokratischen Wahlen.

„Der Appell ist ein Ausdruck der Solidarität der verschiedenen nationalen Minderheiten“, sagte Alena Kovářová, Vertreterin der belarussischen Minderheit beim Regierungsrat für nationale Minderheiten der Tschechischen Republik und Mitunterzeichnerin des Dokuments.

Deutsche Minderheit unterstützt Appell

Den Appell mitunterzeichnet hat Martin Dzingel, Präsident der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik. „Die deutsche Minderheit wurde über Jahrzehnte auf verschiedene Weise unterdrückt. Sie konnte nicht frei atmen und sich nicht mit einem freien Willen realisieren. Deswegen fühlen wir mit dem belarussischen Volk, das sich der Diktatur entreißen und in Freiheit leben will“, erklärte er die Unterstützung des Appells seitens der deutschen Minderheit.

Neben der deutschen Minderheit haben Vertreter folgender nationaler Minderheiten den Appell unterzeichnet: die belarussische, polnische, russische, bulgarische, vietnamesische, slowakische, ukrainische, griechische, serbische, ungarische, kroatische sowie die Roma-Minderheit. Ebenso treten die jüdische, kurdische, armenische und jemenitische Gemeinde als Mitunterzeichner auf.

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