Bürgermeisterin Jana Syslová ist zuversichtlich, dass das Schloss von Mireschowitz in zwei Jahren saniert ist, Foto: Steffen Neumann

Das nordböhmische Dorf Hrobschitz bei Bilin und seine Bürgermeisterin retten nicht das erste historische Gebäude. Gemeinsam mit dem Heimatkreisverein Bilin haben sie schon zwei Kirchen vor dem Verfall bewahrt.

Jana Syslová hat schon genaue Vorstellungen, was sie mit dem Schloss in Mireschowitz (Mirošovice) südlich von Bilin (Bílina) anstellt. „Da ist ein riesiger Saal drin. Den werden wir künftig für unsere Feste nutzen“, sagt sie. Syslová ist Bürgermeisterin vom benachbarten Hrobschitz (Hrobčice), zu dem Mireschowitz mit weiteren sieben Dörfern gehört. Bisher ist die Gemeinde für ihre Feste auf die Gunst des Wetters angewiesen, denn sie feiert mangels geeignetem Raum unter freiem Himmel. In dem großen Saal des einstigen Barockschlosses wäre dann Platz genug.

Doch im Moment bietet das Schloss einen traurigen Anblick. Bis auf den Rohbau und das Turmdach ist nichts mehr intakt. „Dabei ist das unser ältestes Gebäude. Die frühere Burg stammt bereits aus dem 13. Jahrhundert“, weiß Syslová. Später ließen es die Lobkowiczer, eine der reichsten böhmischen Adelsfamilien, zum Barockschloss umbauen.

Für Syslová ist der Zustand, den das Schloss abgibt, unbefriedigend. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung wurde das Schloss zweckentfremdet. Lange befanden sich hier Wirtschafts- und Büroräume der Kollektivgenossenschaft und ein Lager von allem möglichen, später war es aufgrund des Zustands nicht mehr nutzbar. Vor ein paar Jahren kaufte ein Verein das Schloss, der es sanieren wollte, aber über das Dach des Turmes nicht hinauskam.

„Das ist doch unser Erbe, unsere Geschichte“, sagt Syslová und fragt: „Wer sollte sich darum kümmern, wenn nicht wir?“ Damit meint sie die Gemeinde, der es gelang, das Schloss vor einiger Zeit zu kaufen. Sie meint aber auch die Einwohner von Hrobschitz und nicht zuletzt sich selbst. „Zu unserer Gemeinde gehören 12 Orte mit sehr vielen historischen Gebäuden“, erzählt sie.

Mutter, die sich langweilt

Eines davon, die Prokop-Kirche in Mukow (Mukov) half sie selbst vor zehn Jahren zu retten. „Damals haben alle gedacht: Typisch, eine Mutter in Elternzeit, die sich langweilt“, erzählt sie amüsiert. Doch die inzwischen 45-jährige, die lange bei einer Bank arbeitete und selbst in Mukow aufgewachsen ist, meinte es ernst. „Mich machte es wütend, wenn ich sah, wie wir mit unserem Erbe umgehen.“ Unterstützung bekam sie übrigens von den früheren Einwohnern von Mukow. Der Heimatkreisverein Bilin sammelte Spenden und half auch sonst, wo es nur ging. Daraus ist auch ein neues freundschaftliches Verhältnis in das unterfränkische Gerolzhofen entstanden, wo der Heimatkreisverein seinen Sitz hat.

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Schon bald bekam Syslová die Gelegenheit, ihre Vorstellungen als Bürgermeisterin umzusetzen. „Andere brachten mich darauf, zu kandidieren.“ Zumal die frühere Bürgermeisterin gerade verstorben war. Sie hatte Erfolg, 2010 bekam sie knapp die meisten Stimmen und wurde für das Bündnis mit dem bezeichnenden Namen „Für eine schönere Gemeinde“ zur neuen Bürgermeisterin gewählt.

Inzwischen führt sie die Gemeinde schon in ihrer dritten Amtsperiode. Die anfängliche Skepsis ist gewichen. „Natürlich ist den Leuten der Anschluss an die Kanalisation wichtiger. Alte Gebäude werden eher nach ihrem direkten Nutzen beurteilt“, gibt Syslová die allgemeine Meinung wider. Doch die Wahlerfolge geben ihr recht. Außerdem verzeichnet die Gemeinde einen stetigen Zuwachs an Einwohnern. Dahinter steckte keine Kampagne wie andernorts, wo Zuzüglern zum Beispiel günstiges Bauland geboten wird. „Wir haben uns nur um das äußere Erscheinungsbild der Gemeinde gekümmert, mehr nicht“, sagt Syslová.

Reserve Kohleaktien

Finanziell hat Hrobschitz allerdings einen großen Vorteil. Lange hielt die Gemeinde eine Mini-Aktienbeteiligung an der Braunkohlegrube bei Bilin. „Als der staatliche Energiekonzern ČEZ die Aktienmehrheit übernahm, wurden die Kleinaktionäre zum Verkauf ihrer Anteile gezwungen“, sagt Syslová. Der Anteil von Hrobschitz war knapp zwei Millionen Euro wert. Die sind seitdem die eiserne Reserve der Gemeinde. „Die wird nur bei ganz wichtigen Projekten angezapft, wie der Sanierung der Kita und des Gemeindeamtes und nun bei der Kofinanzierung für die Schlosssanierung“, verrät Syslová. Hrobschitz wurde ein Zuschuss von 1,6 Millionen Euro für das Schloss gewährt. Den Rest kann die Gemeinde aus der eigenen Kasse beisteuern und braucht keinen Kredit. Auch die alte verfallene Festung von Hrobschitz wird saniert.

Die Richtung ist für Syslová klar. Die Braunkohletagebaue, die jetzt noch die meisten Menschen in der Region ernähren, werden irgendwann schließen. „In fünf Jahren wird die renaturierte Abraumhalde hier ganz in der Nähe endgültig frei gegeben. Das ist jetzt schon eine wunderschöne Landschaft und der steigende Tourismus ist schon zu spüren. Mit unseren Sanierungen liegen wir also gut im Trend“, sagt Syslová.

Dass die Sanierung der Kirchen auch ganz konkrete touristische Auswirkungen haben kann, bewies die Gemeinde bei der Kirche von Merschlitz (Mrzlice). Auch sie wurde von einer Bürgerinitiative mit Unterstützung des Heimatkreises saniert. Seit diesem Jahr ist es möglich, auf den Kirchturm zu steigen, um die großartige Aussicht zu genießen. „Es reicht, beim Nachbarn zu klingeln. Der hat die Schlüssel“, sagt die Bürgermeisterin.

In zwei Jahren soll die Sanierung des Schlosses in Mireschowitz abgeschlossen sein. Daran hat Syslová keinen Zweifel. Wer einmal mit einer Handvoll Leuten eine Kirche gerettet und wieder verschönt hat, für die ist alles möglich.

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