Die geschäftsführende tschechische Regierung reagiert auf die zunehmend angespannte Situation in den Krankenhäusern und beschloss neue Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Covid-19. Schließen müssen unter anderem die Weihnachtsmärkte, weitere Einschränkungen gibt es in der Gastronomie und Kultur.

Zu Beginn dieser Woche waren die aktuelle geschäftsführende tschechische Regierung und die Landeshauptmänner noch zu dem Schluss gekommen, dass eine erneute Ausrufung des nationalen Notstands nicht nötig sei. Nachdem die Gesundheitsbehörden im Laufe der Woche aber neue Rekordwerte bei den Corona-Neuinfektionen meldeten (knapp 26.000 Neuinfektionen am Dienstag), die 7-Tage-Inzidenz über die Marke von 1.000 stieg und in einigen Krankenhäusern bereits die Intensivbetten knapp wurden, änderte die Regierung offenbar ihren Standpunkt. Am Donnerstagnachmittag trat Babišs geschäftsführendes Kabinett zusammen und verhandelte neue Maßnahmen. Im Ergebnis wird erneut, ab Freitag, den 26.11.2021 um 0.00 Uhr, für 30 Tage der nationale Notstand ausgerufen, der der Regierung weitreichende Einschränkungen des öffentlichen Lebens erlaubt.

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Keine Weihnachtsmärkte – Restaurants schließen ab 22 Uhr

Zu den neuen Maßnahmen, die ab Freitag um 18.00 Uhr gelten, gehören vor allem die Begrenzung von Kultur- und Sportveranstaltungen sowie Einschränkungen in der Gastronomie. Bei Sport- und Kulturveranstaltungen mit Sitzplätzen sind maximal 1.000 Teilnehmende zugelassen, bei weiteren Veranstaltungen und etwa Feiern nur noch 100. Restaurants, Bars und Clubs müssen zwischen 22.00 und 5.00 Uhr schließen. Gastronomische Bereiche in Einkaufszentren dürfen nur noch Essen zum Mitnehmen verkaufen. Bei allen öffentlichen Veranstaltungen sowie in der Gastronomie gilt die 2G-Regel: Zutritt hat nur, wer vollständig geimpft oder eine maximal sechs Monate zurückliegende Corona-Infektion nachweisen kann.

In den vergangenen Tagen war spekuliert worden, ob Weihnachtsmärkte in Tschechien stattfinden können. Nun ist klar, auch in diesem Jahr wird es keine Weihnachtsmärkte in Tschechien geben. Märkte, die diese Woche bereits geöffnet haben, müssen morgen um 18 Uhr wieder schließen. Erlaubt bleibt aber der Verkauf von Weihnachtsbäumen sowie der in Tschechien besonders zu Heiligabend beliebten Karpfen. Des Weiteren soll im öffentlichen Raum ein Alkoholverbot gelten.

Laut geschäftsführendem Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos, für ANO) zielen die getroffenen Maßnahmen auf jene Bereiche, in den die meisten Risikokontakte stattfinden und in denen die bisherigen Maßnahmen bisher nicht konsequent eingehalten worden seien. In etwa zwei Wochen will die Regierung eine Bilanz zur Effektivität der Maßnahmen ziehen. „Wir warten die Entwicklung der Situation ab, dann können wir die Maßnahmen gegebenenfalls auf irgendeine Weise anpassen“, so Vojtěch.

In der Regierung wird aktuell außerdem auch eine Impfpflicht für bestimme Berufs- und Altersgruppen diskutiert, laut Premier Babiš sei dies „unausweichlich“. Eine ressortübergreifende Kommission will bis nächste Woche ausloten, inwiefern eine solche Impfpflicht realisierbar sei. Zur Debatte steht die Impfpflicht bei Menschen über 50 oder 60 Jahren sowie für Arbeitnehmer im medizinischen und sozialen Bereich, etwa auch Polizisten und Feuerwehrleute.

Aktuell werden 5.886 Covid-Patienten in Tschechiens Krankenhäusern behandelt, davon 848 mit schwerem Verlauf bzw. mit der Notwendigkeit von Intensiv-Pflege. Besonders ansgespannt ist die Lage derzeit im mährischen Landesteil. Von dort mussten bereits Patienten in Prager Krankenhäuser gebracht werden, dafür werden dort wiederum planbare Operationen verschoben.

Künftige Regierung will Maßnahmen respektieren

Tschechien steht vor einem Regierungswechsel. In Kürze will Petr Fila (ODS) das Amt des Premierministers übernehmen und eine Fünf-Parteien-Koalition aus SPOLU (ODS, TOP09, KDU-ČSL) und PirSTAN (Piraten und Bürgermeisterpartei) anführen. Das „Anti-Covid-Team“ der voraussichtlichen neuen Regierung teilte mit, dass sie die getroffenen Maßnahmen respektieren werde, auch wenn diese chaotisch und unerwartet getroffen worden seien. „Leider sehen wir jetzt die Folgen dessen, dass die Regierung nicht die nötigen Schritte getan hat, die wir zu Beginn des Herbstes empfohlen haben“, teilte das Team mit.

Die künftige tschechische Regierung hatte am Mittwoch ihren Plan zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vorgestellt. Einen landesweiten „Lockdown“ schloss sie aus. Laut Fiala sei die vierte Pandemie-Welle ohnehin nicht mehr aufzuhalten. Orientieren wolle man sich bei Maßnahmen vor allem an der Situation in den Krankenhäusern und man plane, die Nachverfolgung der Fälle besser durchzusetzen.

Präsident Zeman mit Covid-19 im Krankenhaus

Die Ernennung Petr Fialas zum neuen Premierminister war für diesen Freitag geplant, nachdem Präsident Miloš Zeman am Donnerstagvormittag nach etwa anderthalb Monaten aus dem Krankenhaus zurückkehrte. Die Ernennung der neuen Regierung wird sich nun aber offenbar doch noch weiter hinauszögern. Präsident Zeman ist am Donnerstagnachmittag positiv auf das Coronavirus getestet worden und ist daher zurück im Zentralen Militärkrankenhaus in Prag. Sein Arbeitsprogramm sei bis zu seiner Genesung von Covid-19 ausgesetzt, teilte Zemans Sprecher Jiří Ovčáček mit.

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