Ein frisch gezapftes Pils im Biergarten. Foto: Steffen Neumann

Freisitze, Terrassen, Biergärten? In Tschechien bisher vor allem außerhalb urbaner Milieus eine Sache für Touristen. Das liegt an der tschechischen Biertrinkkultur. Die Pandemie hat nun zumindest für mehr Außenplätze gesorgt. Deutsche Touristen dürfte es freuen.

Viel ist schon geschrieben worden von den Trends der letzten Jahre, die die Corona-Pandemie verstärkt und beschleunigt hat. In Tschechien gehören die Biergärten dazu. Der Biergarten ist nicht typisch tschechisch. Ihr Bier trinken die Tschechinnen und Tschechen seit jeher gern drin in der Hospoda (Gaststätte). Das ist gemütlich, standesgemäß und praktisch. Während vielen Deutschen frische Luft so heilig ist, dass sie sogar noch bei Minusgraden draußen ausharren und dafür lieber hinsichtlich grüner Weltrettung zweifelhafte Gaspilze aufstellen lassen, ist den Tschechen die Nähe des Tresens und der Toilette wichtiger. Wie bekannt sein dürfte, bleibt in guten tschechischen Kneipen das Bierglas nie leer. Hat das Glas eine bedrohliche Neige erreicht, ist das ein untrügliches Zeichen für den Kellner, ein neues, volles Glas abzustellen. Eine gesonderte Bestellung ist nicht nötig. Das wäre im Biergarten schon aus logistischen Gründen schwieriger.

Aufschwung im städtischen Milieu

Außerdem ist die Kneipe in Tschechien auch eine Art öffentliche Debattenplattform, die im Innern wegen der räumlichen Nähe und Abgeschlossenheit einfach besser funktioniert. So war es mit Abstrichen vor der Pandemie. Wer damals sein meist überteuertes Bier auf einem Freisitz einnahm, befand sich garantiert nicht in einer typisch tschechischen Kneipe. Doch das änderte sich. Vor allem im städtischen Milieu entstanden Biergärten. Auch Hinterhöfe wurden dazu umfunktioniert. Gerade Familien bedankten sich: Findige Wirte richteten ein paar Spielgeräte ein und der Nachwuchs war beschäftigt, während Mama und Papa sich in Ruhe mit den Freunden zum Bier treffen konnten.

Doch seit dem letzten Jahr entstehen Biergärten gerade zu in Echtzeit. Wo nie Bier ausgeschenkt wurde, ist das nun möglich. Deutsche Touristen wird es freuen und nicht nur sie. Anders ist der Fassbiergenuss ja gerade nicht möglich. Aber aufmerksamen Beobachtern wird es nicht entgangen sein. Überlaufen sind die Biergärten nun nicht gerade. Das liegt nicht nur an der Testpflicht. Den Test haben tschechische Arbeitnehmer wegen der Testpflicht in Firmen ohnehin in der Tasche. Es ist einfach nicht richtig traditionell. Haben die Innenräume endlich wieder auf, verlagern wahre Bierfreunde den Genuss des Gerstensaftes wieder dahin, wohin er gehört. An den Tisch, Nähe Tresen, in der Gaststätte.

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