Als Naturliebhaberin und fleißige Wanderin beschäftige ich mich schon länger mit dem Thema Abfallvermeidung und dem sogenannten „Zero Waste“-Prinzip. Wir Menschen bevölkern die Erde, reisen auf (Null-Müll-Prinzip) ihr und hinterlassen dabei unsere Spuren. So auch beim Wandern. Denn ein Reisender muss schließlich essen, von A nach B kommen und auch sonst die beste Ausrüstung mit sich tragen.

 

Damit musste ich mich also mehr auseinandersetzen und ich stellte mir und einer Freundin aus Pilsen (Plzeň) folgende Herausforderung: eine Zero-Waste-Wanderung im Böhmerwald.

Ungezügelte Natur im Böhmerwald - Foto: Jana HeenenWir nahmen diese Aufgabe sehr ernst und berieten uns schon eine Woche vor der Tour, was wir zu essen mitnehmen könnten und welche Gegenstände wir benötigen würden. Da ich in Pilsen mittlerweile in der ‚Verpackungslos‘- Szene eine gute Orientierung besitze und in ein paar Geschäften viele Lebensmittel ohne Einwegverpackung kaufen kann, war es an mir, die Grundlage für das Essen zu besorgen.

So stellte ich eigene Obst-Chips im Ofen her, kochte für meine Freundin und mich Reis mit Zwiebeln als Mittag- und Abendessen am Tag vor der Abreise und backte Müsliriegel – natürlich alle Zutaten ohne Wegwerfverpackungen eingekauft.

Wir nahmen uns Besteck, gefüllte Wasserflaschen und unsere Handys mit, auf denen wir die Landkarte mit der Wegbeschreibung jederzeit in einer App nachschauen konnten. Ebenso packte ich einen Müllbeutel ein, denn auch wenn wir keinen Müll produzieren wollten, so war es doch besser, vorbereitet zu sein und gegebenenfalls den Abfall von anderen Wanderern mitzunehmen.

Tückisches Wetter

Für meine Freundin war es sogar der erste Ausflug überhaupt in den Böhmerwald und aus diesem Grund suchte ich eine aussichtsreiche Strecke heraus: eine Wanderung von Stubenbach (Prášily) bis Rehberg (Srní), wobei wir den Gletschersee Stubenbacher See (Prášilské jezero) passierten und den Mittagsberg (Poledník, 1315 Meter) bestiegen.

Doch es war trotz guter Wettervorhersage alles andere als aussichtsreich! Nebelschwaden klebten an den Hängen der Berge und wir waren von gespenstischer Stille umgeben. Am Stubenbacher See stießen wir auf eine dicke Nebelwand, wir konnten den See vielleicht auf bis zu zehn Meter erkennen, der Rest war uns ein Geheimnis. Ebenso der Mittagsberg: wir kämpften uns an seiner Flanke hoch, unermüdlich teilten wir den Nebel und standen schließlich auf seiner windigen Kuppe. Der Aussichtsturm war nur ein dunkler Schatten.

Aber wir konnten auch das genießen, denn als Wanderin weiß ich, dass jedes Wetter seine schönen Seiten hat. Wir nahmen unser Mittagessen auf dem mystisch stillen Mittagsberg ein, natürlich ohne Abfall!

Im Nationalpark Böhmerwald gilt das Prinzip „Was du in die Natur mitbringst, solltest du auch wieder mit nach Hause nehmen“. Es gibt dort deshalb keine Mülleimer, nur in den Ortschaften, wo das normale Mülltrennungssystem besteht. Orte, wo dennoch häufig Müll gelassen wird, sind die beliebten Touristenziele, wie etwa die Moldauquelle oder der Lehrpfad Widratal (Povydří) entlang der Widra (Vydra). Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung sammeln herumliegenden oder herumschwimmenden Abfall auf, es heißt aber, dass sich das Verhalten der Touristen schon verbessert hat. „Wir können beobachten, dass die jüngeren Generationen schon deutlich mehr über Ökologie wissen als etwa ihre Eltern“, sagt Jan Dvořák, Pressesprecher des Nationalparks. „In der Gesellschaft wird noch mehr Aufklärung zu diesem Thema benötigt.“ Es liege vor allem an der Familie, ein naturfreundliches und ökologisches Verhalten zu vermitteln.

Nur fast abfallfrei

Auf dem Abstieg Richtung Rehberg ging es dann zum ersten Mal ans Müllsammeln, denn je näher wir wieder der Zivilisation kamen, desto mehr fanden wir tatsächlich am Wegesrand. Es waren keine großen Mengen zu sehen, aber Müll ist eben Müll, auch wenn es eine Zigarettenkippe ist.

In Rehberg entsorgten wir den gesammelten Müll und fuhren zurück nach Pilsen, wo wir Bilanz zogen: wir selbst hatten an diesem Tag nur wenig sichtbaren Abfall produziert. Wir hatten Bus- und Zugtickets aus Papier gekauft, das war der größte Abfall.

Aber wir fragten uns: Wo fängt das Zero-Waste-Prinzip tatsächlich an? Bei der Art zu Reisen oder nur bei der Verpflegung? Wir hatten uns ökologisch bewegt, indem wir öffentliche Verkehrsmittel benutzt hatten. Aber alleine dadurch, dass wir uns auf die Reise gemacht hatten, haben wir eine Spur hinterlassen. Wir haben Kohlenstoffdioxid produziert, wir haben konsumiert, als Touristen, als Wanderer. Mein Handy musste ich mit Strom aufladen, ich habe Reis aus Asien gegessen. Das kann nicht Zero Waste sein.

Ich freue mich, wenn es andere Erfahrungen von Zero-Waste-Reisen gibt und sie mir mitgeteilt werden.

Streckendaten:
Startpunkt: Stubenbach
Distanz: 17,5km
Höhenmeter: 531m
Laufzeit: 5,5 Stunden
Wegpunkte: Stubenbacher See, Mittagsberg, Grünberger Hütte (Zelenohorské chalupy), Rehberg
Anreise: mit dem Zug aus Pilsen bis Markt Eisenstein (Železná ruda), mit dem Bus weiter nach Stubenbach (Prášily)


 WanderBloggerin Jana Heenen - Foto: Archiv Jana HeenenWanderBloggerin JANA HEENEN:

Das Leben ist eine Reise, auch für mich. Mein Name ist Jana, ich komme aus der Nähe von Krefeld in Westdeutschland und arbeite seit einiger Zeit in Pilsen (Plzeň) für den deutsch-tschechischen Jugendaustausch. Um Tschechien und seine Landschaft(en) kennenzulernen, begebe ich mich so oft wie möglich auf Wandertouren, beobachte die Natur, fotografiere, notiere und bewerte die Ausflugsziele. Gern ziehe ich mit anderen Naturfreunden los, um von ihnen zu lernen und mich mit ihnen über das Leben zu unterhalten. Wenn man geht, dann kann man besser nachdenken und kommt zu neuen Ideen! Ich möchte Sie nun gern daran teilhaben lassen und stelle dafür regelmäßig meine Wanderungen vor.

Sie sind herzlich eingeladen, Vorschläge zu machen, was es in Tschechien noch zu entdecken gibt! Diese können Sie gern an redaktion@landesecho.cz senden. Ich freue mich!

 


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