Etwa auf halbem Schienenwege zwischen Pilsen (Plzeň) und Eger (Cheb) grüßt Reisende leuchtend gelb-rot das Schloss von Schweißing (Svojšín). Kaum sichtbar liegt der namensgebende kleine Ort am Flusslauf der Mies (Mze), die wenige Kilometer weiter östlich – hinter der Stadt alten Bergstadt Mies (Stříbro) – zum Stausee wird.

Man könnte meinen, die Schweißinger möchten ihre Ruhe haben, halten doch hier nur wenige Züge. Dabei sind Besucher nur erwünscht: speziell am Wochenende und in der Ferienzeit. Denn da öffnen ein wahres Schmuckkästchen: das Schloss. Und wer sich durch Räume und Anlagen führen lässt, spürt alsbald den Stolz der Einheimischen. Das Ensemble ist tatsächlich auferstanden aus Ruinen, als schier unglaubliches Gemeinschaftswerk einiger „Besessener“, ihrer Helfer und Partner beim Wiederaufbau. Der geschah und erfolgt weiterhin Schritt für Schritt, je nach den finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde samt regionaler Förderbeiträge – ohne EU-Mittel, was beim Rundgang besonders betont wird.

Derzeit ist der linke Flügel des Erdgeschosses vom Schloss zugänglich, wo ein Teil der Ahnengalerie und historische Fotografien des Dorfes zu sehen sind. Der Hauptsaal (im ersten Stock) wird renoviert, der Putz wiederhergestellt und die Wandmalereien sind teilweise restauriert. Am wertvollsten sind die Rokoko-Tapeten auf Leinwand mit mythologischen Motiven. Der Saal dient vornehmlich als repräsentatives Lokal der Dorfgemeinschaft für diverse, vor allem kulturelle Veranstaltungen, die jeweils auch auswärtige Besucher anlocken.

Auch Wallenstein übernachtete hier

Im Schloss gibt es noch drei Marmorkamine. Das gesamte ursprüngliche Interieur, Möbel und Geräte, ist für immer verschwunden. Zu diesen Objekten gehörte auch ein großes Himmelbett mit den Initialen von Albrecht von Wallenstein, in dem der berühmte Kommandant schlief – in der Nacht vor seiner Reise nach Eger, wo er im Februar 1634 ermordet wurde. Der dahinter liegende Wirtschaftshof des Schlosses ist nicht minder beeindruckend, mit einer Reihe von ursprünglichen, aber heruntergekommenen Gebäuden. Im westlichen Teil des wiedergeschaffenen Parks sind bei der archäologischen Forschung (2008-2010) Überreste älterer Wohnbauten gefunden worden – offenbar eine Festung vom 14./15. Jahrhundert.Sankt Peter- und Paulskirche - Foto: Jürgen Barteld

Vom einstigen Herrenhaus gelangt man durch einen Korridor direkt zur Kirche nebenan, auch diese Verbindung ist restauriert. Gegenüber, auf der östlichen Seite des Schlosses, besteht die klassizistische Erweiterung aus dem 19. Jahrhundert, das sogenannte Lusthaus. Das wird seinem Namen auf neue Weise wieder gerecht: mit einem Café sowie Räumen zur Übernachtung für Besucher – etwa als Zwischenstation, gerne auch für zeitweilige Schlossdamen und -herren abseits der touristischen Routen. Seinen Reiz hat dieser Ort durch den umwehenden Hauch der Jahrhunderte sowie neuen, fass- und nutzbaren Glanz. Ergebnis herausragender Denkmalpflege durch einige wenige Enthusiasten. Die Dokumentation „Od klinické smrti k novému životu“ („Vom klinischen Tod zum neuen Leben“) lässt den Besucher von heute vergleichen und staunen. Höchste Anerkennung für dieses Meisterwerk, liebe Schweißinger, es sollten mehr Züge bei euch halten!

Das Schloss Schweißing

… wurde 1723 an Stelle einer älteren Villa unter Graf Jan Václav Příchovský errichtet, dessen Mutter Judith Theresia Gräfin von Werschowetz hieß. Gleich daneben ließ er das Pfarrhaus bauen sowie eine Holzbrücke über den Fluss und Ziegelburgterrassen. Jans Sohn František Příchovský musste das Anwesen 1795 in öffentlicher Versteigerung abtreten an Joseph Knight von Bigatto, Eger. Nach dessen Tod 1812 übernahm der königlich-bayerische Kammerherr und Generalleutnant Karl Antonin Juncker die Herrschaft. Namen und Wappen wurden vereinigt und die Juncker-Bigatto hielten das Schloss bis 1935. Clemens Graf von Podewils-Juncker-Bigatto besaß es bis 1945. Schließlich wurde das bauliche Ensemble vom Staat übernommen und zu verschiedenen Zwecken genutzt. Die Gemeinde Svojšín erhielt 1990 das zur Ruine verkommene Schloss übereignet. Dem voraus ging die Vereinbarung zwischen dem damaligen Bürgerforum, der lokalen Verwaltung und dem Bezirksnationalausschuss.  

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