Eine Gedenktafel am Gebäude des Neuen Nationalmuseums erinnert seit 2009 an Dubček. Foto: Detmar Doering

Er war die große Leitfigur des Prager Frühlings von 1968. Vor genau 100 Jahren, am 27. November 1921, wurde Alexander Dubček in der slowakischen Stadt Uhrovec geboren.

Dubček, der Sohn eines Tischlers hatte sich schon in den späten 1930er Jahren den Kommunisten angeschlossen. Aber schon bald nach der Machtübernahme der Kommunisten in der Tschechoslowakei 1948 wurde klar, dass seine Auffassung von sozialistischer Entwicklung sich von denen seiner zu dieser Zeit strikt stalinistischen Parteigenossen deutlich unterschied.

Obwohl schon Parteisekretär in Preßburg (Bratislava), äußerte er offen Kritik an der Verfassungsreform von 1958, die das Monopol der Kommunistischen Partei verankerte. Immer wieder setzte er sich für Opfer interner Säuberungen der Kommunistischen Partei ein und erreichte deren Rehabilitierung – ironischerweise galt das auch ausgerechnet für Gustáv Husák, der 1954 in einem Schauprozess als „bourgeoiser Nationalist“ zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, und der dann nach der Niederschlagung des Prager Frühlings Dubček absetzen und dessen Reformen rückgängig machen sollte.

Und in den frühen 1960er Jahren erreichte Dubček im slowakischen Landesteil tatsächlich einige Lockerungen in Sachen Meinungsfreiheit. Seine große Stunde kam, als er im Januar 1968 den Hardliner Antonín Novotný als Ersten Sekretär der KP ablöste und nun ein nationales Reformprogramm initiieren konnte. Die Abschaffung der Zensur, eine vorsichtige Dezentralisierung des Staates und sehr behutsame Anpassungen des Wirtschaftssystems an marktwirtschaftliche Prinzipien standen auf der Tagesordnung.

Im August war alles vorbei. Die Sowjetunion wollte derartige „liberale“ Alleingänge nicht tolerieren und 500.000 Soldaten des Warschauer Pakts marschierten ins Land ein. Dubček wurde schrittweise entmachtet und durch Husák ersetzt, der das Land einer „Normalisierung“ unterzog, wie die Machthaber damals die Rückkehr zur harten Diktatur euphemistisch nannten. Dubček wurde 1970 aus der KP ausgeschlossen und musste sich als Beschaffungsinspektor der Forstverwaltung von Preßburg verdingen.

Im November 1989 gehörte er mit Václav Havel zu den Anführern der großen Demonstrationen in Prag, die die Samtene Revolution einleiteten. Noch im Dezember des Jahres wurde er Präsident des Parlaments und konnte wesentliche Beiträge leisten, den Kommunismus zu beenden und eine neue Ära der Demokratie einzuleiten. Er hatte gerade den Vorsitz der slowakischen Sektion der neu gegründeten Sozialdemokratischen Partei übernommen, als er am 7. November 1992 bei einem Verkehrsunfall auf der Autobahn nahe der Stadt Humpoletz (Humpolec) ums Leben kam.

Im November 2009 wurde am heutigen Gebäude des Neuen Nationalmuseums in der Wilsonova 52/2 (Prag 1), das ab 1972 unter den Kommunisten als tschechoslowakisches Parlament (siehe unseren früheren Beitrag hier) fungierte, eine Gedenktafel mit einer Büste Dubčeks eingeweiht. Sie ist ein Werk des Bildhauers Teodor Baník. Das Gebäude diente noch nach dem Sturz des Kommunismus bis zur Auflösung der Tschechoslowakei als Parlament und es war Dubčeks letzte politische Wirkungsstätte als Parlamentspräsident.

Dubček zu ehren, war ein Anliegen, das tschechische und slowakische Repräsentanten gleichermaßen bewegte, und so nahmen bei der Einweihung des Denkmals der Präsident des Slowakischen Nationalrats Pavol Paška, der slowakische Kulturminister Marek Maďarič, die Präsidenten der Abgeordnetenkammer und des Senats des Parlaments der Tschechischen Republik Miloslav Vlček und Přemysl Sobotka teil. Die Inschrift auf dem Marmortafel ist sowohl in Tschechisch als auch Slowakisch gehalten und lautet übersetzt: „In diesem Gebäude arbeitete 1989-1992 als Präsident der Bundesversammlung der ČSFR Alexander Dubček.“


Ahoj aus Prag Titelbild

Ahoj aus Prag! Seit September 2016 leben wir berufsbedingt in Prag. Wir – eigentlich Rheinländer – haben sie schon voll in unser Herz geschlossen, diese Stadt! Deshalb dieser Blog, in dem wir Fotos und Kurzberichte über das posten, was diese Stadt so zu bieten hat und was wir so erleben. Wir, das sind:

Lieselotte Stockhausen-Doering und Detmar Doering

… und unser Hund Lady Edith! Wer sich in Prag einmal umschauen möchte, wird auf diesem Blog nach einiger Zeit sicher Interessantes finden, was nicht jeder zu sehen bekommt, der die Stadt besucht. Viel Spaß beim Lesen!

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