Die Tschechische Bier- und Malzvereinigung (Český svaz pivovarů a sladoven) möchte die gesamte heimische Bierkultur auf die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO setzen. Der Brauereiverband will hierfür eine landesweite Bewerbung einreichen. Credit: ČTK/AP/Petr David Josek

Ab Mai gelten in Tschechien verschiedene Mehrwertsteuersätze für Bier, je nachdem, ob es gezapft wird, wo es gezapft wird und ob es alkoholisch oder alkoholfrei ist. So ergeben sich Steuersätze von 10, 15 oder 21 Prozent. Das sorgte für viel Verwirrung sowie für Spott und Witz in den sozialen Medien.

Eine Tabelle eroberte in den letzten beiden Wochen die sozialen Medien in Tschechien. In ihr sind neun verschiedene, teils absurde Szenarien aufgeführt, in welchen Fällen auf Bier welche Mehrwertsteuer zu entrichten ist. Je nach Art des Servierens und Ort des Konsums: Gezapftes Bier (auch alkoholfrei) mit oder ohne Essen in einem gastronomischen Betrieb: 10 Prozent. In einem Gasthaus aus einer Flasche in Gläser eingeschenktes alkoholfreies Bier: 10 Prozent, aber alkoholisches dagegen 21 Prozent.  Alkoholfreies Bier nur in der Flasche (ohne Glas): 15 Prozent. Am Tresen in einen Krug gezapftes Bier für zu Hause: 21 Prozent, ist es alkoholfrei dann aber: 15 Prozent.

Auch wenn die Tabelle kein offizielles Dokument ist, sondern lediglich als Scherz durch soziale Medien geisterte, sind die dort beschriebenen Fälle korrekt. Die neuen Regelungen, die zusammen mit der dritten und vierten Phase der elektronischen Umsatzsteuererfassung (EET) ab 1. Mai in Kraft treten, sehen vor, dass für in Gaststätten gezapftes Bier der Mehrwertsteuersatz von 21 auf 10 Prozent sinkt. Auf alkoholfreies Bier werden 15 Prozent Mehrwertsteuer entrichtet, wenn es nicht in einer Gaststätte gezapft oder eingeschenkt, sondern lediglich in der Flasche oder Dose serviert wird. Für Bier, das an einem Stand gezapft wird, etwa bei Volksfesten oder im Stadion, werden 21 Prozent Mehrwertsteuer fällig.

Unterstützung der Gastwirte auf dem Land?

„Damit unterstützen wir unsere Gaststätten und Lokale, wir unterstützen die Dörfer, weil wir sehr oft hören, dass dort diese Wirtschaft nicht so floriert, wie sich die Bürger das wünschen“, sagte Finanzministerin Alena Schillerová (ANO). Premierminister Andrej Babiš (ANO) empfahl den Gastwirten, nicht die gesamte Marge der durch den gesenkten Mehrwertsteuersatz generierten Einsparung einzubehalten, sondern sie an den Kunden weiterzugeben. „Dieses Geld geht direkt in die Taschen der Gastwirte. Es liegt allein an ihnen, ob sie die Ersparnis mit ihren Kunden teilen. Meiner Meinung nach sollten das vor allem die Restaurants tun, da sie von der Mehrwertsteuersenkung besonders stark profitieren“, äußerte sich Babiš auf seiner Facebookseite.

Ökonomen und Steuerexperten betrachten die neuen Regelungen allerdings kritisch. Vor allem die Gastwirte, die man ursprünglich unterstützen wollte, würden nicht von dem verringerten Mehrwertsteuersatz profitieren, da ihr Umsatz so gering ist, dass sie gar keine Steuern entrichten müssen. Deshalb seien es vor allem größere Gastwirtschaften, die durch die verringerten Steuersätze entlastet werden, sagte Tomáš Hajdušek von der Kammer der Steuerberater der Tschechischen Republik gegenüber der Tageszeitung Deník. Außerdem seien die kleinen Gaststätten und Lokale ab Mai auch von der elektronischen Umsatzsteuererfassung (EET) betroffen. Kassen müssten angeschafft, Internet eingerichtet werden. Größere Gaststätten hätten die elektronische Abrechnung schon früher eingeführt. Auch dadurch sinke die Konkurrenzfähigkeit kleiner Gastwirte.

Verwirrung auch bei Politikern

Das Nachrichtenportal Novinky.cz veröffentlichte ein Video, in dem Abgeordnete des tschechischen Parlaments gefragt wurden: „Sie bestellen in einem Restaurant ein gezapftes Bier und gehen dann damit in den Biergarten des Restaurants. Welcher Mehrwertsteuersatz wird fällig?“ Die Politiker antworteten unterschiedlich auf die Frage. „Ich gebe zu, dass die Sache so chaotisch ist, dass ich es nicht weiß“, sagte Jan Birke von der regierenden ČSSD.

„Ich denke, dass nach Beginn der Mehrwertsteuer ein neuer Universitätsabschluss erforderlich ist: ein Bier-Steuerberater. Es ist ein Durcheinander. Wenn der Ministerpräsident Bier billiger machen wollte, hätte er den Weg der Verbrauchssteuer einschlagen sollen. Wenn ich ein gezapftes Bier habe und damit in den Biergarten gehe, sind es 15 Prozent “, meinte der ODS-Abgeordnete Jan Skopeček.

Ivan Bartoš, Chef der Piraten, antwortete: „Es hängt davon ab, wie groß der Betriebsraum ist. Ich trinke allerdings schon seit zehn Jahren kein alkoholisches Bier mehr. Also es wären 10 Prozent ohne Bedienung und 15 Prozent mit Bedienung.“

Die korrekte Antwort gaben z.B. die tschechische Ministerin für regionale Entwicklung Klára Dostálová (ANO) oder Dominik Feri (TOP 09): Da es sich um gezapftes Bier in einem gastronomischen Betrieb handelt, beträgt der Mehrwertsteuersatz 10 Prozent.

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