Ende Juli fand in Bärnwald (Neratov) zum ersten Mal der „Stepke Treck“ statt, mit dem an die Gründung des Ortes erinnert wurde.

Neratov ist heute ein Ortsteil von Batzdorf (Bartošovice v Orlických horách). Bis 1945 hieß das Dorf Bärnwald. Seit dem 18. Jahrhundert bereits war Bärnwald ein Wallfahrtsort und ist bis heute landesweit bekannt. Die Mariä Himmelfahrtskirche, die nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch eine Ruine war, wurde nach der Wende unter der Leitung von Mons. Josef Suchár wieder aufgebaut und erhielt ein Dach aus Glas. Der Verein Neratov hat nicht nur die Kirche innovativ renoviert, d. h. die barocke Ruine mit der Moderne verbunden. Es wurde auch ein Gemeinschaftshaus, eine Schule, eine Brauerei und eine Brücke über die Wilde Adler gebaut. Die ehemaligen deutschsprachigen Bewohner können sich glücklich nennen. Während Hunderte der ehemals deutschen Dörfer verschwunden sind, blüht Bärnwald regelrecht auf.

Unsere Gesellschaft BOHEMIA Troppau ist zwar nicht fürs Adlergebirge zuständig, ich selbst bin aber dort geboren und meine Vorfahren lebten dort seit dem 17. Jahrhundert, seit 1840 auch in Bärnwald. Da die deutsche Geschichte des Ortes langsam in Vergessenheit gerät, wollten wir also an den Anfang der Besiedlung des Adlergebirges erinnern. Wir veranstalteten am 22. Juli 2022 einen Marsch etwa an der Strecke, an der der Sage nach der erste Siedler Stepke vor 500 Jahren ankam. Der Sage nach habe er seinen Stock in den Boden an der Stelle beim späteren Anwesen 14/15 gesteckt, wo die Wassertroge stehen sollte. Der Stock habe Wurzeln geschlagen und sei zu einer stattlichen Linde gewachsen. Diese stand noch am Ende des Zweiten Weltkrieges. Am Treck nahm auch Kurt Stepke teil, der direkte Nachfahre des sagenumwobenen ersten Siedlers.

Kurt Stepke mit Teilnehmerinnen des Stepke-Trecks aus Grulich. Foto: Richard Neugebauer

Kurt Stepke mit Teilnehmerinnen des Stepke-Trecks aus Grulich. Foto: Richard Neugebauer

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Weitere Organisatoren waren der Verband der Deutschen in Nordmähren und Adlergebirge aus Mährisch-Schönberg, der Verein Adlergebirge aus Waldkraiburg und der polnische Verein für Bystrzyca Kłodzka (früher Habelschwert).

Der Treck sollte zuerst an der Kirche in Lichtenwalde/Poremba in der „Grafschaft Glatz“ starten. Dieser Straßenabschnitt ist aber nicht im guten Zustand. Deswegen haben wir als Start den Sattel Lichtenwalde (Przełęcz Nad Porębą) gewählt und die Route durch das Dorf Poniatow/Peuker über den Fluss gewählt. Die gesamte Strecke von weniger als vier Kilometer war so gewählt, damit auch ältere mitmarschieren konnten.

Das Wetter war außerordentlich gut. Wir hatten 24 deutsche, vier polnische und 20 tschechische Teilnehmende. Alle haben am Start den Treckerausweis erhalten. Gegen dessen Vorlage am Ziel erhielten sie das Büchlein „Geschichte von Neratov/Bärnwald“. Zum Schluss trafen sich alle bei Kaffee und Kuchen im Gemeinschaftshaus von Bärnwald.

Das genaue Jahr der Ankunft des ersten Siedlers ist nicht überliefert. Die erste schriftliche Erwähnung von Bärnwald stammt aus dem Jahr 1567. Wir können also die 500 Jahre der Ankunft von Stepke noch mehrere Jahrzehnte feiern und planen, auch im nächsten Jahr das Büchlein auf Deutsch und Polnisch zu diesem Anlass herausgeben.

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