Foto: ČTK/Václav Pancer

Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers in Lety, in dem vor allem Roma inhaftiert waren, stand jahrelang ein Schweinezuchtbetrieb. Dieser wird nun abgerissen und weicht einer Gedenkstätte mit Besucherzentrum. Es ist eine Wende in der tschechischen Erinnerungskultur.

Von den 1970ern bis 2018 bestand auf dem Gelände der ehemaligen KZ-Barracken in Lety (im Kreis Písek) ein Schweinezuchtbetrieb. Zwar gibt es 300 Meter entfernt seit 1995 ein Denkmal, das an die Opfer, darunter vor allem Roma, erinnert, doch durch den penetranten Gestank nach Exkrementen konnte hier von keinem würdigen Gedenken an die Opfer des Porajmos (so wird der Genozid an den europäischen Roma auch bezeichnet) die Rede sein, was auch Verbände der Roma-Minderheit in Tschechien regelmäßig kritisierten.

Vor vier Jahren erwarb der tschechische Staat schließlich das Areal für eine halbe Milliarde Kronen (ca. 20,3 Millionen Euro). Ende Juli 2022 begann der symbolische Abriss und damit auch der Weg zu einer eigenen Gedenkstätte.

„Heute ist ein Wendepunkt für uns. Wir haben uns lange darauf vorbereitet. Ich freue mich sehr, dass dem Museum für Roma-Kultur die Ehre zuteilwurde, hier ein Denkmal zu errichten“, erklärte Jana Horváthová, Direktorin des Museums für Roma-Kultur, gegenüber der tschechischen Nachrichtenagentur ČTK. Finanziert wird der Bau mit Mitteln aus Norwegen und durch den tschechischen Staat. Die Museumsleitung will das Areal bereits nächstes Jahr der Öffentlichkeit zugänglich machen. Dann soll ein Besucherzentrum mit Dauerausstellung errichtet worden sein. Zudem sollen als Teil des Denkmals ein Gotteshaus und Gräber rekultiviert und Bäume gepflanzt werden.

Das „Holocaust-Mahnmal für Roma und Sinti in Böhmen“ soll im Frühjahr 2023 eröffnen und eine Wende in der tschechischen Erinnerungskultur darstellen. Der Kulturminister Martin Baxa (ODS) entschuldigte sich am Tag des Abrisses, ebenso wie bei der Gedenkfeier im Mai, für die Politiker verschiedener Parteien, die die „dunkle Geschichte“ von Lety zuvor ignoriert oder verharmlost haben.

Genozid an Sinti und Roma im KZ-Lety

Die Nationalsozialisten kategorisierten die Roma als „fremdrassig“, „geborene Asoziale“ und „Zigeuner“. In den deutsch okkupierten Gebieten wurden sie von Wehrmacht, Polizeieinheiten und der Waffen-SS in Massakern ermordet oder in die Lager deportiert. Für Roma wurden eigene Lager errichtet, die von den Nationalsozialisten als „Zigeunerlager“ bezeichnet wurden. Dazu gehörte auch das „Zigeunerlager Auschwitz“. Die meisten Häftlinge, die in den dortigen Gaskammern und durch den Lageralltag systematisch vernichtet wurden, stammten aus Deutschland und Österreich, etwa 22 Prozent aus dem Gebiet der Tschechoslowakei.

Das Konzentrationslager für Roma in Lety, von den Nazis „Zigeunerlager Lety“ genannt, wurde am 15. Juli 1940 von Reichsprotektor Konstantin von Neurath angeordnet. In dem als Arbeitslager kategorisierten KZ waren insgesamt 1308 Menschen inhaftiert. 327 Häftlinge starben in dem Lager an den Folgen der Schwerstarbeit, mangelnder Ernährung und der Überbelegung. Insgesamt wurden über 500 Menschen aus Lety weiter in das Vernichtungslager in Auschwitz deportiert.

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