Am vergangenen Sonntag wurde die Glocke Nr. 9801 feierlich auf der Moldau in Prag enthüllt. Sie soll an die während des Zweiten Weltkriegs beschlagnahmten Kirchenglocken erinnern.

9801 Kilogramm ist sie schwer, mit der Zahl 9801 ist sie auch benannt. Die Glocke Nr. 9801 erinnert mit ihrem symbolischen Gewicht und ihrem Namen an die im Zweiten Weltkrieg 9801 verstummten Kirchenglocken. Damals wurden böhmische und mährische Kirchenglocken von den deutschen Besatzern beschlagnahmt und in deutsche Kriegsfabriken transportiert, um das Material der Glocken für die Rüstungsproduktion zu verwenden. 80 Jahre nachdem das letzte Schiff mit beschlagnahmten tschechischen Kirchenglocken in Richtung des sogenannten Glockenfriedhofs auf der Insel Rohan auslief, kam per Schiff vergangenen Sonntag als symbolischer Akt die Glocke Nr. 9801 in Prag an.

Feierliche Einweihung

Am 28. August wurde diese feierlich auf der Čapadla am Smetana-Ufer enthüllt und läutete dort zum ersten Mal. Bis Ende September ist sie an ihrem jetzigen Standort für die Öffentlichkeit zu sehen und zu hören, bevor sie an ihren geplanten langfristigen Standort, die Insel Rohan, weiter transportiert wird. Begleitet wurde die Enthüllungsfeier von Musik und einer Lichtprojektion. Die Glocke wurde außerdem gesegnet. Noch einen Monat lang können Beuscher die Glocke bestaunen. Bei der Reliefdekoration kombinierten die verantwortlichen Künstler zeitgenössische und historische Elemente, um die Symbolik der Glocke zu unterstreichen. Zum Teil besteht diese sogar aus Fragmenten der verlorenen Glocken. Sie trägt zudem die Aufschrift: „Ich spreche mit der Stimme von tausend Glocken, die der Krieg zum Schweigen gebracht hat.“ Als Symbol steht sie für alle verlorengegangenen Glocken. Denn es ist nahezu unmöglich, alle damaligen Glocken zu ersetzen. Die Verantwortlichen verfolgen daher mit der Glocke Nr. 9801 ein klares Ziel: „Die Glocke Nr. 9801 soll Tausende von verstummten Glocken durch eine neue, kraftvolle Stimme ersetzen“, teilte Ondřej Boháč, Vorsitzender des Prager Glöcknervereins, mit.

Zahlreiche Spenden für Glockenrestaurierung benötigt

Hinter dem Projekt rund um die symbolische Glocke steht die gleichnamige Initiative, die die Produktion der Glocke realisierte. Dies sei jedoch nur mit Hilfen von Spenden, sowohl von Großspendern als auch von Einzelpersonen möglich gewesen. Unter den Unterstützern für das Projekt ist auch das tschechische Verteidigungsministerium. „Wir dürfen die nationalsozialistischen Gräueltaten und die Schrecken des Krieges nicht vergessen und unterstützen daher gerne diese durch die Spende von ausgemusterten Pontons für den Transport der Glocke in das Herz von Prag“, erklärte Jana Černochová, Verteidigungsministerin der Tschechischen Republik. Die Initiative Bell #9801 strebt zudem eine langfristige Spendenaktion an, mit dem Ziel, weitere verlorengegangene Glocken restaurieren zu können. Noch immer fehlten rund dreiviertel der ursprünglichen Glocken aus der Vorkriegszeit. Die geschätzten Kosten für ihre Restaurierung betragen fast 2,5 Milliarden Kronen (ca. 102,5 Millionen Euro).

Langer Produktionsprozess

Bis die 9081 Kilogramm schwere Glocke am vergangenen Sonntag zum ersten Mal auf der Moldau läuten konnte, musste diese erst einmal produziert werden. Gegossen wurde sie in der Werkstatt Grassmayer in Österreich. Dabei wurden zehntausend Tonnen Glockenmetall bei über 1000 Grad geschmolzen. Danach musste man die allmähliche Abkühlung und die abschließende Reinigung abwarten, bevor die Glocke abschließend bearbeitet werden konnte und für den Transport per Schiff bereit war. Die Produktion begann bereits im Frühjahr dieses Jahres. Endprodukt ist die 9801 Kilogramm schwere Glocke mit einem Bodendurchmesser von 258 Zentimetern und einer Höhe von 187 Zentimetern. Die Glocke funktioniert elektrisch und das Herzgewicht beträgt 300 Kilogramm. Zu sehen ist sie noch bis Ende des Monats am Moldauufer.

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.