Ein neues Format europäischer Kooperation wurde auf der Prager Burg geschaffen, die Europäische Politische Gemeinschaft. Am Donnerstag trafen sich Vertreter von mehr als 40 europäischen Staaten zum informellen Austausch.

Das erste Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (European Political Community, kurz: EPC) fände in einer kritischen Situation für Europa statt, erklärte Premier Petr Fiala. Die russische Aggression gefährde die Stabilität und Sicherheit Europas und betreffe alle. Allerdings war vor dem Treffen unsicher, inwiefern ein Grundkonsens gegenüber Russland gefunden werden kann. Viele Kommentatoren sahen hier den kritischen Knackpunkt. Schaffen es die Staaten des europäischen Kontinents, Geschlossenheit zu demonstrieren, oder bricht der Zusammenhalt?

Europa sucht den offenen Austausch

Die neu geschaffene Struktur beherbergt alle Staaten des europäischen Kontinents außer Russland und Belarus. Viele der Mitglieder befinden sich in langwierigen EU-Beitrittsverhandlungen, ihnen wollte man mit dieser Struktur ein wenig entgegenkommen. Wieder andere befinden sich in einem militärischen Konflikt miteinander, wie etwa Aserbaidschan und Armenien, deren Präsidenten in Prag aufeinandertrafen. Die Zusammensetzung bot also einiges an Sprengstoff, ein Erfolg war nicht garantiert.

„Es gibt eine EU. Es gibt Länder, die der EU beitreten wollen. Es gibt auch Länder, die die EU verlassen haben und dann gibt es Länder, die der EU überhaupt nicht beitreten wollen. Aber wir teilen alle einen Kontinent – ​​vom Kaukasus bis Island“, erklärte Emmanuel Macron, der die zwischenstaatliche Organisation der EPC im Mai vorgeschlagen hatte.

„Wir wollten einen Raum für den Meinungsaustausch zwischen den europäischen Ländern schaffen. Einen Raum, der nicht an die Notwendigkeit gebunden ist, offizielle Schlussfolgerungen zu akzeptieren, um Worte zu streiten“, erklärte Premier Fiala (ODS). Das gemeinsame Ziel sei es, zusammenzuarbeiten, um die Sicherheit, Stabilität und den Wohlstand Europas zu stärken.

Grundkonsens trotz Uneinigkeiten

Laut Macron verurteilten alle Teilnehmer des Treffens die russische Aggression und erklärten ihre Unterstützung für die Ukraine. Der erhoffte Grundkonsens scheint also gefunden worden zu sein, die Isolation Russlands einen weiteren Schritt vorangekommen. Auf dem Treffen zeigten sich allerdings erneut die Knackpunkte Europas.

Die Repräsentanten Griechenlands und der Türkei gerieten über die Debatte ihres Grenzverlaufes und den Umgang mit Flüchtlingen aneinander. „Wir haben mit Griechenland nichts zu besprechen“, erklärte Erdogan anschließend und warf Griechenland Unaufrichtigkeit vor. Kroatien thematisierte die Nähe Serbiens zu Russland und forderte den serbischen Präsidenten Vučić auf, sich den Sanktionen anzuschließen. Dieser sah sich einer feindseligen Politik durch Brüssel ausgesetzt, weil er keine Ausnahme von den Sanktionen bekam, um weiter russisches Öl zu importieren.

Europa in starker Position, um Russlands Krieg zu beenden

Das Hauptziel wurde allerdings erreicht, eine Plattform zu schaffen, auf der alle europäischen Staaten des Kontinents zusammenkommen, um sich auszutauschen. „Vertreter Russlands sind nicht hier bei uns – ein Staat, der geografisch zu Europa zu gehören scheint, aber von seinen Werten und seinem Verhalten her der antieuropäischste Staat der Welt ist“, erklärte der ukrainische Präsident Selenskyj die Abwesenheit Putins. Europa sei in einer starken Position, um den Krieg in der Ukraine zu beenden, so Selenskyj.

Ob diese Plattform längerfristig bestehen kann, ist für viele Beobachter noch unklar. Ein nächstes Treffen wurde allerdings bereits vereinbart, der zweite Schritt ist also gemacht. Die Zukunft wird zeigen, ob Europas Staatsoberhäupter bereit sind, offen miteinander zu reden, ohne sich zu zerstreiten.

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